das 3. Land im Baltikum ist Estland / Estonia

Auf Estland haben wir uns besonders gefreut, nicht nur weil es eine sehr schöne und vor allem historische Hauptstadt Tallinn hat, sondern auch wegen der Nähe zu unserem Lieblingsland Finnland, denn beide Länder sind sich sehr ähnlich.

Unser heutiges Ziel ist ein Nationalpark, auf dem Weg dorthin kommen wir an einer Kirche vorbei und machen eine kurze Rast, wir besuchen die lutherische St. Georgs Kirche, bei der uns auffällt, dass davor die Staatsflagge weht und drinnen um den Altar herum viele Gedenktafeln für verdiente Männer der Geschichte Estlands aufgestellt sind, ebenso sind wieder Staatsflaggen aufgestellt. Also müssen wir mal nachforschen: die Kirche heißt Estnische Soldaten-Gedächtniskirche. Sie wurde 1854 erbaut, 1944 von den Deutschen niedergebrannt, ab 1990 restauriert und 2001 als Denkmal für alle Opfer des 2. Weltkrieges geweiht, heute wird sie auch als Konzertsaal und bei der Vereidigung estnischer Polizisten und Offiziere oder anderen historischen Jubiläen genutzt.

 

Estnische Soldaten-Gedächtniskirche anno 1854

eine Wanderung im Soomaa Nationalpark

der Park mit den fünf  "Jahreszeiten"

Wir besuchen den Soomaa-Nationalpark und laufen den Ingatsi-Öpperada, einen Lehrpfad durchs Moor, der mit Aussichtsturm, Ruhebänken und Holzstegen durchs Moor führt.

 

Am Anfang führt der Weg eine Weile, teilweise auf  Stegen, durch dichten Wald und hier sieht man schon die Spuren der „5.Jahreszeit“, der Schneeschmelze, in der alles überschwemmt ist und man mit dem Kanu durch den Wald fahren könnte. Rechts und links des Weges, ist es entweder sehr matschig oder es steht direkt noch Wasser im Wald und jetzt ist Hochsommer! An einem Baum ist eine Markierung, wie hoch das Wasser zum Beispiel im April 2013 stand, es würde uns auf dem Steg stehend bis übers Knie gehen!

 

Als wir den Wald verlassen erwartet uns ein Aussichtsturm, von dem wir per Fernglas die weiten offenen Flächen des Moores überschauen können. Ab hier führen die Stege auf einem sehr schönen Rundweg übers Moor, an kleinen Moorseen und Ruheplätzen an denen man sich auch erfrischen kann vorbei. Wir entdecken kleine blaue Schmetterlinge, zartes in hellem gelb blühendes Moorgras, einzelne Bäume oder Baumgruppen, die sich von dem sonst flachen brauenen Boden abheben und die schweren vorüber ziehenden Wolken, die sich in den Moorseen spiegeln. 

 

es war eine sehr schöne und empfehlenswerte Tour

wir besuchen die wundervolle Altstadt von Tallinn

Bei perfektem Wetter machen wir uns auf den Weg, um Tallinn zu erkunden. Nach ein paar Schritten sind wir schon auf dem Domberg mit der alten Burganlage und einer Aussicht über die ganze Altstadt ! ...

hier ist auch die Alexander-Newski-Kathedrale, wieder eine prächtige russisch-orthodoxe Kirche, innen äußerst prunkvoll ausgestattet mit zahlreichen vor Gold und Silber strotzenden Ikonen, eine Pracht.

Durch malerische enge Gässchen verlassen wir den Domberg und steigen ab in die Altstadt. Oh, wie schön! Die engen Straßen und Gassen mit wunderschön restaurierten Häusern, der Rathausplatz, die Olaikirche, die Stadtmauer mit Türmen und Toren ...

und die vielen kleinen liebevollen Details, wir können uns nicht satt sehen. Wir sind total begeistert von dieser Stadt, die trotz der vielen, vielen Touristen einen total entspannten Eindruck macht, anders als das quirlige Riga.

die "Olde Hansa" ein absolutes Wahrzeichen des alten Tallinn

Bei einem älteren Straßenmusiker mit tiefer und voller Stimme direkt neben der Kathedrale hören wir ein bisschen Musik und wie meistens nehmen wir auch Musikkonserven mit.

wir Übernachten nahe des Jägala-Wasserfalls

 Der Jägala-Wasserfall ist mit etwa 50m der breiteste Wasserfall Estlands und fällt aus einer Höhe von 8m halbkreisförmig über eine Kalksteinstufe hinab. Wie wir jetzt schon ein paarmal gelesen haben ist aus dem Halbkreis in den letzten Jahren ein Viertelkreis geworden, vermutlich ist die Trockenheit der letzten Jahre der Grund dafür. Trotzdem bietet der Wasserfall mit seinem breiten Vorhang aus herabfallenden Tropfen einen imposanten Anblick. Und im Frühjahr zur Schneeschmelze füllt er auch bestimmt wieder die gesamte Breite aus.

 

weiter geht's in den Lahemaa Nationalpark

Auf dem Weg nach Osten liegt noch ein Nationalpark, der Lahemaa-Nationalpark

Auch hier geht es um das Thema Moor und wieder führt ein schöner breiter Bohlenweg erst durch den Wald und dann übers Moor. Bis zu einem Aussichtsturm mitten im Moor ist der Weg rollstuhlgerecht und sogar die erste Aussichtsplattform des Turms ist per Rollstuhl erreichbar.

 

Im Unterschied zu Soomaa ist das Moor hier etwas mehr vor allem von kleinen Kiefern bewachsen, dazwischen malerische tote Bäume, blühende Erika und wieder etliche Moorseen und Ruheplätze...

 

wir sehen wieder Bläulinge, die kleinen blauen Schmetterlinge und mehrmals kleine Eidechsen, die sich auf dem Bohlenweg sonnen.

am Ende unserer kleinen Wanderung, nehmen wir uns noch die Zeit, um ein paar Blaubeeren zu sammeln aus denen Kerstin einen leckeren Kuchen bäckt.

 sehr schöner Übernachtungsplatz am finnischen Meerbusen

Immer wieder finden wir auf unserer Tour wunderschöne Übernachtungsplätze, wie zum Beispiel diesen hier !!!

Narva an der Grenze zu Russland

Nun geht es weiter zum vorerst östlichsten Punkt auf unserer Reise, nach Narva...

wo ein Fluss gleichen Namens Estland und die EU von Russland trennt. Die Stadt Narva hat nichts spektakuläres zu bieten, aber es ist wieder eine Grenze, die wir wegen Corona zur Zeit nicht überschreiten dürfen, die dritte Grenze bereits auf unserer Reise.

 

Wir parken direkt am estnischen Grenzkontrollpunkt, schauen uns um und sind ehrlich gesagt ziemlich erschrocken, als wir die Grenzanlagen sehen. Wir kommen uns vor, wie an der innerdeutschen Grenze vor 1989, soviel hohe Gitter, Schlagbäume, Kontrollstellen, Warntafeln hatten wir nicht erwartet. Da hat die Propaganda ganze Arbeit geleistet und den antirussischen Schutzwall in den Köpfen und in der Realität aufgebaut. Wir verstehen zwar die Balten, dass sie froh sind, endlich unabhängig zu sein, keine Frage, aber diese geballte Abwehrhaltung hatten wir nicht erwartet.

 

Beide Ufer sind durch eine Brücke verbunden, über die der Grenzverkehr läuft, wir sehen vor allem LKWs darauf stehen, um die jeweilige Abfertigung an beiden Kontrollpunkten zu absolvieren; sie müssen lange warten, vermutlich sind die Kontrollen recht intensiv

Gleich daneben liegt hoch über dem Fluss die Hermannsfeste, die Burg aus mittelalterlichen Zeiten, ursprünglich von den Dänen erbaut, dann an den Deutschen Orden verkauft, war lange Zeit das Hauptquartier des Ordens im baltischen Raum. Danach war sie in schwedischem und schließlich in russischem Besitz.

 

Auf dem gegenüberliegenden russischen Ufer erhebt sich groß und mächtig die Festung Iwangorod. Sie wurde unter Zar Iwan III. 1492 errichtet, um den russischen Anspruch auf einen Zugang zur Ostsee zu bekräftigen und diente als Bollwerk gegen den Deutschen Orden. Die anfangs aus Holz errichtete Burg wurde ständig erweitert und verstärkt und hat heute eine imposante Größe, viel größer, als die Hermannfeste auf estnischer Seite. Die Festung war auch eine Zeit lang unter schwedischer Herrschaft, bevor Zar Peter I., der Große, sie zurück eroberte, 1920 kam sie mit der 1. Unabhängigkeit Estlands in estnischen Besitz, bis sie im Zuge des II.Weltkrieges wieder an Russland bzw. die Sowjetunion fiel.

 

Wir halten uns hier viel länger als geplant auf und spazieren die Uferpromenade entlang, nachdenklich und immer wieder nach der russischen Seite schauend.

 

Der Anblick der früher wie heute sich nicht freundlich gegenüberstehenden Ufer hinterlässt bei uns einen nachhaltigen Eindruck, einerseits zeigt es den ganzen Wahnsinn auf dieser Welt, andererseits wollten wir jetzt, zu genau dieser Zeit in Russland sein und dank eines anderen menschlichen Wahnsinns, dem Corona-Wahn ist das nicht möglich. Die Welt ist schön und die Menschen sind gut, nur ein paar mächtige Wahnsinnige lassen sie aus den Fugen geraten.

 

unterwegs sehen wir schöne gepflegte Parks mit kleinen Brücken, Springbrunnen und immer wieder mit bunten Blumen bepflanzte Schalen.

unterwegs am geschichtsträchtigen Peipussee

Der Peipussee ist von geschichtlicher Bedeutung, aus der Schulzeit kennen wir dieSchlacht auf dem Eise des Peipussees“. In dieser Schlacht vernichtete am 5. April 1242 ein russisches Heer unter Führung des Nowgoroder Fürsten Alexander Newski eine Streitmacht des Livländischen Ordens, der Vereinigung aus Deutschem Orden und Schwertbrüderorden, und setzte damit deren Ostexpansion ein Ende. Für die russische Geschichte ein immens wichtiges Ereignis, denn in der Folge gab es ein Friedensabkommen und der Fluss Narwa wurde zum Grenzfluss zwischen dem Fürstentum Nowgorod und den Ländern des Deutschen Ordens erklärt sowie der Verzicht des Deutschen Ordens auf weitere Eroberungen auf Nowgoroder Gebiet. Dieses, für die russische Seite so positive Ergebnis wurde durch die Schlacht bei Wesenberg 1268 bestätigt, wo erneut das russische Heer über ein deutsch-dänisches Heer siegte.

Wir haben gehört, dass hier am Peipsi Järv eine Region ist, in der schon seit hunderten Jahren russische Altgläubige leben und es auch weiter südlich in Kolkja ein entsprechendes Museum gibt.

 

 

kleines Museum über die Geschichte der Altgläubigen am Ufer des Peipussees

Die Altgläubigen sind eine Glaubensgemeinschaft, die sich der Reformierung der russisch-orthodoxen Kirche im 17. Jahrhundert widersetzten und im Exil ihren alten ursprünglichen Glauben weiter praktizierten. In Kolkja angekommen besuchen wir zuerst das Museum, das in einem alten Haus untergebracht ist und wie erwartet etwa wie vor 200 Jahren ausgestattet ist. Im Museum gibt es sehr viele Gegenstände des Alltags, Ikonen, bestickte Festtagskleidung, so die bestickten Männerhemden, die wir aus russischen Märchenfilmen kennen, Samoware und viele Porträts von Menschen, die hier gelebt haben. Die älteren Männer haben alle mächtige Rauschebärte.

 

Anschließend schauen wir uns im Dorf um, es gibt eine kleine Kirche, die leider verschlossen ist und einen orthodoxen Friedhof mit sehr alten Gräbern, von einer Mauer umgeben und in unseren Augen sehr geheimnisvoll und romantisch zugleich.

 

 

noch ein paar Eindrücke links und rechts der Straße

unser letzter, aber dafür auch wieder sehr schöne Übernachtungsplatz in Estland