wir erreichen die Grenze zur Ukraine, da die Ukraine nicht zur EU gehört sind wir natürlich sehr gespannt, ob alles gut klappt. Auf der polnischen Grenzseite müssen wir nicht all zu lange warten, Pässe und Autopapiere werden gecheckt, erwartungsgemäß müssen wir unsere Kisten öffnen, das wars. Weiter geht’s zur ukrainischen Seite. Hier gibt es mehrere Kontrollen, im Gegensatz zur polnischen Seite waren die Grenzbeamten hier schwer mit Maschinenpistolen bewaffnet, die Verständigung ist schwierig, da unser Schulrussisch nicht mehr so gut ist und sie kein Englisch sprechen. Es war bis zum Schluss ungewiss, ob wir einreisen dürfen aber irgendwie klappte es. Am Checkpoint werden wieder die Papiere kontrolliert, wir werden gefragt wohin wir wollen und wie lange. Dann bekommen wir nach einigem zögern unseren Stempel und fertig, danach am Zoll müssen wir nochmal unsere Kisten öffnen, ein flüchtiger Blick hinein, das wars. Wir können in die Ukraine einreisen. Natürlich sind wir sehr happy nachdem an der weißrussischen Grenze leider kein durchkommen war.
Unsere erste Nacht auf ukrainischem Boden verbringen wir in Kovel, einer Stadt etwa 50km hinter der Grenze. Als wir hier ankommen ist es bereits dunkel, aber wir finden einen Platz in einem Naherholungsgebiet, einem lichten Kiefernwald mit Badesee, sehr schön, wie wir am nächsten Morgen feststellen. Und hier dürfen wir nun endlich wieder einmal eine neue Länderfahne auf unserer Kiste anbringen.
Wir verlassen diesen schönen Fleck und fahren in die Stadt Kovel, wollen uns erst einmal umsehen und uns an das ukrainische Leben ran tasten. Wir parken neben einer kleinen, parkähnlichen Anlage und sichern unseren Van. In dem Park befindet sich auch ein Denkmal, das den berühmtesten Lyriker der Ukraine Taras Schewtschenko darstellt .
Danach schlendern wir durchs Wohngebiet, man sieht schon, dass die Ukraine kein reiches Land ist, Straßen, Gehwege und Wohnhäuser sind in einem bedenklichen Zustand, trotzdem geht der Alltag offensichtlich seinen ganz normalen Gang, auch das kennen wir so von früher. Ich möchte aus reiner Neugier mal in ein Lebensmittelgeschäft gehen und wir finden auch einen „Supermarkt“, es gibt alles an Lebensmitteln, was man so braucht, vor allem einheimische Produkte, aber auch viele Importe.
wir finden hinter einer Kirche in ländlicher Umgebung auf einer Wiese einen sehr schönen Übernachtungsplatz. Wir essen Abendbrot, danach sind wir noch lange mit der Aktualisierung unserer Website beschäftigt, ab und zu kommt ein Pferdegespann vorbei, bevor wir dann sehr spät in der Nacht schlafen gehen.
nach einer angenehmen Nacht, besichtigen wir am nächsten Tag noch die Kirche und den kleinen Park, der diese umgibt.
In Luzk, wollen wir uns die Liubertasburg ansehen. Sie spielte in der Geschichte ein gewisse Rolle und wurde bereits im 11. Jahrhundert erwähnt, im 13. Jahrhundert wurde sie von den Mongolen erobert, aber nicht zerstört und im Jahr 1429 fand hier ein großes „europäisches Treffen“ der führenden weltlichen und geistlichen Köpfe statt, um dem Vordringen des Osmanischen Reiches nach Europa etwas entgegen zu setzen.
Man kann hier auf einen der drei Türme steigen, im unteren Teil eines der Türme befindet sich der Kerker, und die Wehrgänge kann man größtenteils entlang laufen und von hier oben hat man einen Blick über die Stadt.
hier gibt es auch ein kleines interessantes Glockenmuseum
Wir schlendern noch ein bisschen durch die Straßen von Luzk, um uns umzuschauen.
Eine weitere Sehenswürdigkeit in Luzk ist das Haus des Architekten Holowan, ein seltsamer an ein kleines Schloss erinnernder Bau, der an den Fassaden, im Innenhof und an der Umfassungsmauer über und über mit zum Teil eigenartigen steinernen Figuren versehen ist. Eine Merkwürdigkeit, die aber scheinbar nicht nur uns anzieht und interessiert, denn hier sind einige Menschen am schauen und fotografieren
Die kleine Sankt Michaels Kirche, vor der wir geschlafen haben, wollen wir uns natürlich anschauen...
den Gottesdienst warten wir respektvoll ab, der Pope und sein Gefolge, insgesamt 3 Leute und ein kleiner Junge sind in prachtvolle goldenen Umhänge gekleidet und sind gerade dabei, ihre Utensilien zu entfernen und hinterm Ikonostas zu verschwinden...
dann sehen wir uns im Inneren um. Alles ist wie immer prächtig und üppig mit Gold und Silber verziert – wohlgemerkt – wir stehen in einer Dorfkirche!
Eine Frau spricht uns an, aber wie meistens hier können wir uns nicht verstehen, da wir weder ukrainisch noch wirklich russisch sprechen und sie nicht deutsch oder englisch. Trotzdem geht es irgendwie. Dann kommt noch eine Frau und dann noch eine und wir unterhalten uns angeregt, obwohl keiner den anderen richtig versteht. Sie wollen wissen, wo wir herkommen und wo uns unsere Reise noch hin führt usw. Wir lachen viel und schließlich bekommen wir lauter Gastgeschenke: Brot in mehrfacher Ausführung und Süßigkeiten, eine Flasche Apfelsaft. Es ist alles sehr herzlich und ab und zu fallen uns auch ein paar russische Worte ein, die die ältere Generation in der Ukraine versteht, denn in den Jahren der Sowjetunion war Russisch ja die Amtssprache. Zum Abschied wünschen sie uns noch eine schöne Weiterreise.
Es war ein tolles Erlebnis und solche Ereignisse sagen einem auch immer wieder, die einfachen Menschen auf der Welt sind keine Feinde und das letzte Wort, mit dem wir uns verabschieden ist Druschba – Freundschaft...
in der Stadt Rivne ist richtig viel los, wir finden relativ schnell im Zentrum eine Parkmöglichkeit für unseren Van. Auf einem Obst- und Gemüsemarkt kaufen wir frisches Gemüse und auch ein paar leckere Weintrauben dürfen nicht fehlen.
danach schlendern wir noch durchs Zentrum, dabei entdecken wir unterhalb einer Brücke eine etwas andere Art von Wochenmarkt. Es sind bestimmt hunderte Buden, die hier stehen wo Schuhe, Klamotten, Jeans, Sportsachen, Kindersachen zum Kauf angeboten werden. Der Markt hat einen slumähnlichen Charakter, unzählige labyrinthartige Gänge, die Stände bestehen meist aus alten rostigen Containern und Wellblechhütten, man sieht auch hier ganz deutlich, dass es einem Großteil des ukrainischen Volkes nicht gut geht. Es ist sehr warm, schlechte Luft und Staub überziehen den Markt. Aber trotzdem finden wir es sehr spannend und schauen uns noch eine ganze Weile um.
wir kommen an einem Haus vorbei dessen Fassade Widerstandskämpfer und die Nachbildung einer Blockade ziert. Wir vermuten, dass es sich hierbei um das Gedenken handelt für die beim Aufstand 2013/14 auf dem Maidan in Kiew Umgekommenen, bei dem auch zahlreiche Rebellen aus der Westukraine teilgenommen hatten.
Es ist ziemlich heiß und wir suchen einen schattigen Platz, unterwegs sehen wir einen Friseur der geöffnet hat, wir nutzen die Chance und lassen uns zwei Vagabunden mal rein haartechnisch auf wieder Vordermann bringen, alles zusammen kostet das 8,00 Euro. Für uns ist hier alles spottbillig und wir fragen uns, was die Menschen hier für ein Einkommen haben, etwa 450,00 Euro soll das monatliche Durchschnittseinkommen sein. Auf dem Weg zurück zum Auto tauchte auf einmal dieses alte aus Ostzeiten bekannte Gefährt, ein Barkas auf. Wie cool, zwei Studentinnen haben ihn zu einer mobilen Cafebar umgebaut. Natürlich sind wir sehr begeistert von dem Projekt und gönnen uns zum Abschied noch einen leckeren Cafe.
aber auch immer wieder begegnen uns unterwegs LKWs aus alten sowjetischen Zeiten, die offensichtlich auch sehr viel Öl verbrauchen, denn das wird des öftern gleich direkt an der Straße angeboten.
nicht nur auf kleinen Landstraßen auch entlang der Europastraßen sehen wir ab und zu Bauern, die ihr Vieh, welches tagsüber am Straßenrand graste nach Hause treiben.
Nun fahren wir doch nach Kiew, in die 3 Millionenhauptstadt am Dnjepr. Ursprünglich hatten wir Kiew nicht auf unserem Reiseplan, aber bei unseren Recherchen über die Ukraine sind wir immer wieder auf die Ereignisse am Maidan im Winter 2013/2014 gestoßen, die zum Sturz von Viktor Janukowitsch geführt haben. Wir haben uns eine Dokumentation zu den Ereignissen des Euromaidan angeschaut und dann waren wir sehr interessiert, uns diesen geschichtsträchtigen Ort anzuschauen, wir waren ja nicht mehr sehr weit weg von Kiew.
Kiew, die Hauptstadt der Ukraine, liegt zu beiden Seiten des Dnjepr und ist für ihre religiösen und weltlichen Denkmäler und vor allem für ihre Geschichte berühmt. Hier ist der erste russische Staat, die "Kiewer Rus" entstanden und somit hat Kiew auch für Russland einen sehr hohen Stellenwert.
Mit der Metro fahren wir zum Chreschtschatyk, dem zentralen Boulevard in Kiew, der direkt über den Maidan führt.
Und jetzt stehen wir hier auf diesem geschichtsträchtigen Platz, wo sich schon mehrmals das ukrainische Volk gegen seine Oberhäupter aufgelehnt hat, zuletzt 2013/2014, als sie eisern und mit vielen Opfern den Abgang von Viktor Janukowitsch erkämpft haben.
von dieser Brücke aus hat die Polizei und das Militär auf das Volk geschossen.
Sie waren sehr mutig und haben sich von der geballten Staatsmacht trotz vieler Verwundeter und Toter nicht einschüchtern lassen. Und man sieht auf diesem Platz mit Geschichtstafeln, Blumen, Gedenksteinen für jeden Toten und Resten ihrer Barrikaden und selbstgebastelten Schutzschildern und Helme zur eigenen Verteidigung, dass das ukrainische Volk seine Helden sehr verehrt und nicht vergisst. Wir finden es aber traurig, was zum Schluss übrig bleibt: EU und Nato haben sie für ihre Zwecke benutzt und dann fallen gelassen; der Ukraine geht es wirtschaftlich schlechter denn je und das sieht man allerorten, die Infrastruktur ist miserabel, viele Menschen versuchen mit einfachen Jobs und dem ambulanten Verkauf ihrer Gartenfrüchte und Kleinkram oder auch mit betteln, ihr Dasein zu fristen. Das Durchschnittseinkommen laut Wikipedia liegt bei 450 Euro, das heißt sehr viele Ukrainer werden ein Einkommen weit darunter haben, aber einige sind natürlich auch wirklich reich, sehr reich.
auf dem kleinen Bild unten in der Mitte sieht man ein selbst gebautes Schutzschild aus einer Sperrholzplatte, mit denen die Demonstranten versucht haben sich vor den massiven Prügelattacken der sogenannten Staatsmacht zu schützen.
das St. Michaelskloster bot während des Aufstandes 2013/14 Unterschlupf und Schutz für viele Menschen.
Wir gehen zum St. Michaelskloster, das auch beim Euromaidan 2013/2014 eine Rolle spielte, hierher haben sich die Rebellen geflüchtet, als sie von den Bewaffneten angegriffen wurden. Und die Glocken des Klosters haben während des Euromaidan erstmals nach dem Mongolensturm wieder Sturm geläutet.
Das wunderschöne Kloster wurde 1108 angelegt und immer wieder erweitert. Die St.Michaelskirche ist innen mit wunderbaren Fresken und Mosaiken gestaltet, es gibt keinen weißen Fleck. Der Ikonostas strotzt vor Gold.
prächtige Ikonen sind überall angebracht, vor denen Kerzen brennen, es riecht nach Weihrauch und ständig kommen und gehen Gläubige, denen man ansieht, dass sie es ernst meinen mit ihrer Religion. Wir sind respektvoll, kommen uns aber trotzdem wie ein Fremdkörper vor, das hier ist kein Museum, sondern Leben!
Die Klostermauer ist außen mit religiösen Szenen bemalt, aber auch mit einer Szene des brennenden Maidan 2014 und es gibt eine lange Wand mit Fotos und Daten von Gefallenen des Krieges in der Ostukraine.
eine riesige Statue "Mütterchen Heimat" wurde zu Ehren der Helden der Sowjetarmee errichtet sowie einige Gruppen von großen Bronzefiguren, die die Verteidiger von Mütterchen Heimat an der Kriegsfront und an der Heimatfront darstellen.
hier noch ein paar Eindrücke von unserem Ausflug in Kiew
Unser letzter großer Stop in der Ukraine sollte Lviv sein. Wir kamen relativ spät am Abend an. Zuerst suchen wir einen geeigneten und vor allem sicheren Parkplatz. Ursprünglich wollten wir auf einen Campingplatz, leider sind wir da aber nicht fündig geworden. Schlussendlich fanden wir einen 24h bewachten Platz, wo wir dann auch zwei Nächte blieben. Anfangs sind wir gar nicht so angetan von Lviv, das ändert sich aber sehr schnell...
Lviv, das ehemalige Lemberg hat 730.000 Einwohner und eine wechselvolle Geschichte, es gehörte mal zu Östereich-Ungarn, mal zu Polen, mal zu Russland oder zur Sowjetunion.
Die Altstadt hat sehr viel Charme, der Glanz vergangener Tage ist leider stumpf geworden und es fehlt sicher am nötigen Geld, um ihn wieder aufzupolieren...
aber die Stadt hat pulsierendes Leben und Flair, tolle kleine Cafes und liebevoll gestaltete Restaurants und Geschäfte, einen Flohmarkt, kleine Gassen und Hinterhöfe. Viele junge Leute sind unterwegs und wir mitten drin, es gefällt uns super gut.
Es wäre wirklich schade gewesen, wenn wir Lviv nicht erlebt hätten.